Rechte und Pflichten von Zeugen

29.09.2015 | Verschiedenes

ARAG Experten erklären, was passiert, wenn man als Zeuge in den Fokus strafrechtlicher Ermittlungen gerät

Durch Fernsehkrimis entsteht oft der Eindruck, dass Zeugen für die Ermittler meist nicht mehr sind, als willige, unbedarfte Stichwortgeber, die verpflichtet sind, eine Aussage zu machen. Doch das ist nicht der Fall. Oft genug geraten Zeugen selbst in den Fokus strafrechtlicher Ermittlungen, ohne ein direkter Tatverdächtiger zu sein. Für diesen Fall sollte man seine Recht und Pflichten als Zeuge kennen.

Gegen den besten Freund aussagen?
Es gibt genügend Konstellationen, in denen ein Zeuge vielleicht lieber nichts sagen will. Wenn beispielsweise ein Nachbar oder der beste Freund einer Straftat bezichtigt wird. Will man da der Polizei zwischen Tür und Angel wirklich gleich alles erzählen, was man möglicherweise weiß oder ahnt? Kooperation ist natürlich gut. Aber eben keine Pflicht – und genau das wissen nur die allerwenigsten. Die ARAG Experten verweisen daher auf die Strafprozessordnung. Danach muss niemand mit Polizeibeamten sprechen. Weder an einem eventuellen Tatort noch zu Hause oder auf der Wache. Das alles gilt auch für Kinder, denn das Alter spielt keine Rolle.

Dürfen Zeugen für immer schweigen?
Natürlich ist es nicht so, dass Zeugen bis in alle Ewigkeit schweigen dürfen. Es gibt zum Beispiel die Pflicht, beim Staatsanwalt auszusagen. Oder vor einem Richter. Die sind aber in aller Regel gar nicht vor Ort, so dass man als Zeuge erst mal auf einen späteren Zeitpunkt vorgeladen werden muss. Das bedeutet aber stets die Möglichkeit, sich vor der Aussage rechtlich beraten zu lassen. Oder gleich einen Zeugenbeistand mitzubringen, der laut ARAG Experten nicht unbedingt ein Anwalt sein muss. Erst vor dem Staatsanwalt oder Richter spielt es dann eine Rolle, ob man mit dem Verdächtigen verwandt, verlobt oder verschwägert ist. Das kann dann weitergehende Rechte begründen.

Habe ich als Zeuge etwas zu befürchten?
Alles geht, aber nichts muss. So bringen die ARAG Experten das weithin unbekannte, aber praktisch doch so bedeutsame Schweigerecht gegenüber der Polizei auf den Punkt. Niemand soll in einen Gewissenskonflikt geraten, wenn er über nahestehende Menschen aussagen soll. Zu befürchten haben Zeugen, die auf dieses Recht bestehen, rein gar nichts. Ein Polizist kann aufgrund einer verweigerten Aussage niemanden festhalten, noch ein Bußgeld auferlegen.

Für wen gilt das Schweigerecht?
Das Schweigerecht gegenüber dem Staatsanwalt oder dem Richter ist ein wichtiges Element unseres Rechtsstaates. Ein uneingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht gilt für Ehegatten, Verlobte, eingetragene Lebenspartner und Verwandte in gerader Linie. Verwandte in der Seitenlinie dürfen bis zum maximal dritten Grad die Aussage verweigern. Wer lediglich in wilder Ehe zusammenlebt, muss im Zweifel zwar nicht gegen seine Kinder, wohl aber gegen den eigenen Partner aussagen. Eine Scheidung oder die Auflösung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft haben dagegen interessanterweise keine Auswirkung auf das einmal entstandene Schweigerecht.

Muss man sich selbst belasten?
In der Strafprozessordnung ist der Grundsatz verankert, dass man sich als Zeuge niemals selbst belasten muss. Das bedeutet: Auf Fragen, die auf eine eigene Straftat schließen lassen, müssen Zeugen nicht antworten. Dabei ist es keineswegs erforderlich, dass ein konkreter Verdacht im Raume steht. Vielmehr genügt es, wenn eine Straftat ansatzweise möglich erscheint. Spätestens in dem Moment, in dem Zeugen mit zweifelhaften Gründen dieses Recht abgestritten wird, sollte an juristische Rückendeckung durch einen Anwalt gedacht werden. Zu groß ist in solchen Fällen nämlich die Gefahr, dass man zunächst harmlos als Zeuge befragt und dann zum Beschuldigten hochgestuft wird.

Apropos Anwalt
In größeren Strafprozessen haben Zeugen häufig sogar einen Anspruch darauf, dass Ihnen auf Kosten der Staatskasse ein Anwalt zur Seite gestellt wird. Wenn alle Rechte nicht greifen, müssen Zeugen aussagen. In dem Augenblick unterliegen sie einer unbedingten Wahrheitspflicht. Eine Falschaussage – möglicherweise noch unter Eid – kann mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe belegt werden. Einfach gar nicht kommen oder konsequent nichts sagen, ist übrigens keine Alternative. Denn auch hier drohen nach Angaben der ARAG Experten bis zu sechs Monate Haft. Und die Verfahrenskosten muss der Zeuge auch noch tragen.

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