Die beiden zweiten Preisträger sind SWR-Filmemacherin Susanne Beßler sowie Robin Szuttor (Text) und Andreas Reiner (Foto) von der Stuttgarter Zeitung – „Lobende Erwähnung“ für die Journalistinnen Sandra Müller und Katharina Thoms
Stuttgart / Freiburg, 22. Januar – Die Preisträger des 27. Caritas-Journalistenpreises stehen fest: Der mit 3.000 Euro dotierte erste Preis geht an Peter Schwarz, Redakteur der Waiblinger Kreiszeitung. Ausgezeichnet wird er für seine dort erschienene vierteilige Serie „Die Flüchtlinge kommen“. Eine Woche lang hat Schwarz in der Waiblinger Notunterkunft für Flüchtlinge mitgearbeitet. In mehreren Beiträgen beschreibt er facettenreich seine Erfahrungen dort und zeichnet eindrückliche Bilder von Menschen und ihren Lebens- und Fluchtgeschichten.
Die beiden zweiten Preise mit einem Preisgeld von jeweils 1.000 Euro erhalten Susanne Beßler für ihren im SWR-Fernsehen gesendeten Film „Aus mit dem Haus? Wie ein Familientraum doch noch wahr wird“ sowie Robin Szuttor (Autor) und Andreas Reiner (Fotograf) für den Beitrag „Paule – Nachruf auf einen Außenseiter“, der in der Stuttgarter Zeitung erschienen ist. Beßler erzählt die Geschichte einer jungen türkischen Familie, deren Traum vom eigenen Heim über Nacht buchstäblich ins Wasser fällt, aber Dank einer außergewöhnlichen Hilfsbereitschaft doch noch Wirklichkeit wird. Szuttor und Reiner lassen das äußerlich unscheinbare (Ab)Leben eines einfachen Mannes Revue passieren, dessen Freund dafür sorgt, dass er nicht namenlos auf einem anonymen Gräberfeld bestattet wird. Eine „Lobende Erwähnung“ bekommen Sandra Müller und Katharina Thoms für ihre Multimediareportage „Jeder sechste ein Flüchtling. 1000 Asylsuchende als Nachbarn“ über die Landeserstaufnahmeeinrichtung in Meßstetten, die auf der Internetseite des SWR publiziert wurde.
Der Caritas-Journalistenpreis Baden-Württemberg wird von den beiden Caritasverbänden für die Erzdiözese Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart vergeben. Mit der Auszeichnung würdigen die beiden katholischen Wohlfahrtsverbände im Land Autorinnen und Autoren für herausragende publizistische Beiträge aus dem sozialen Bereich. Für den 27. Caritas-Journalistenpreis lagen insgesamt 83 Wettbewerbsbeiträge aus Presse, Hörfunk, Fernsehen und Online-Medien vor, aus denen eine unabhängige Jury die Preisträger ermittelte. Die Verleihung der Preise erfolgt am 3. Februar 2016 in Stuttgart im Rahmen der Jahresauftaktveranstaltung der Caritas in Baden-Württemberg.
Die Begründung der Jury:
– Kaum ein anderes Wort taucht derzeit in der gesellschaftlichen Diskussion mehr auf als die Vokabel „Flüchtlinge“. Mit dem Wort verbinden sich unterschiedlichste Vorstellungen, deren Bandbreite von der „Willkommenskultur“ bis hin zur Sorge vor „Überforderung und Überfremdung“ reicht. Der Journalist Peter Schwarz, Redakteur der Waiblinger Kreiszeitung, hat sich jenseits theoretischer Erörterungen und Problematisierungen mitten hinein begeben in die konkrete Wirklichkeit: Eine Woche lang hat er in einer Notunterkunft für Flüchtlinge in Waiblingen mitgelebt und mitgearbeitet. Seine Eindrücke und Erfahrungen, die Begegnungen, die er dort erlebte, hat er aufgeschrieben – facettenreich, ehrlich, berührend. Entstanden ist die beeindruckende vierteilige Serie „Die Flüchtlinge kommen“, die bewusst unterschiedliche Schwerpunkte setzt und gerade dadurch ein realistisches Bild zeichnet: von den geflüchteten Menschen, ihren Geschichten, Ängsten und Hoffnungen, aber auch von engagierten Helferinnen und Helfern, die sich um die „Flüchtlinge“ kümmern. Während seines einwöchigen Mitlebens in der Flüchtlingsunterkunft trifft Schwarz auf Menschen, die ihm außerordentlich offen und spontan ihre Geschichten erzählen, die aber manchmal auch von Sorge und Angst gequält werden und lieber nichts über sich in der Zeitung geschrieben haben wollen. Mit hohem persönlichem Engagement lässt sich der Autor auf Menschen und Situationen ein, gibt dabei seine journalistische Distanz auf, markiert das allerdings auch deutlich und reflektiert es. Mit seinen hervorragend erzählten Beobachtungen und (Selbst)Erfahrungen, illustriert mit ausdrucksstarken authentischen Porträtfotos und ergänzt mit zusätzlichen Informationen, Grafiken und Videos im Internet, baut Peter Schwarz Brücken zwischen den Bewohnern der Notunterkunft und den Bürgerinnen und Bürgern, indem er die „Flüchtlinge“ zu Personen macht und ihnen ein Gesicht gibt.
– Auf den ersten Blick erzählt Susanne Beßler in ihrem 30-minütigen Film „Aus mit dem Haus?“ einfach eine außergewöhnliche Geschichte. Die junge türkische Familie Yeter steht vor dem finanziellen Ruin. Denn in nur einer Nacht wurde aus dem fast fertigen Eigenheim eine Ruine. Unter dem Dach brach eine falsch angeschlossene Heizungsleitung, 40.000 Liter Wasser strömten ungehindert durch alle Stockwerke – und hinterlassen eine Spur der Verwüstung. Der Handwerker, der schlampig gearbeitet hatte, stiehlt sich aus der Verantwortung, von ihm ist nichts zu holen. Doch plötzlich kommt Hilfe von unerwarteter Seite. Ein Radiobeitrag setzt eine ungeahnte Welle der Hilfsbereitschaft von Menschen in Gang, die die Familie Yeter gar nicht kennen. Die Geschichte ist spannend, weil sie immer wieder neue Überraschungsmomente bereithält. Und sie ist kurzweilig erzählt, weil der Film sich im Werden entwickelt und den Zuschauer das Bangen und Hoffen der Familie Yeter gleichsam miterleben lässt. Auf den zweiten Blick transportiert Susanne Beßler mit ihrem Film sehr sympathisch eine Botschaft, die auch die Botschaft der Caritas ist: Wer aufmerksam hinhört und hinschaut, der kann sich einbringen, der kann sich – mit Freude – für andere engagieren und damit zu einem gelingenden Miteinander in der Gesellschaft beitragen. Der Film von Susanne Beßler ist ein unaufdringliches, aber ungemein ansprechendes Plädoyer für bürgerschaftliches Engagement, das allen Beteiligten – den Hilfesuchenden ebenso wie den Helfenden – neue Perspektiven eröffnet. Zugleich ist der Film ein beeindruckendes Beispiel dafür, dass Medien sowohl Inspirator als auch Mittler der Hilfe sein können.
– Es ist – oberflächlich betrachtet – ein ziemlich unscheinbares Leben. Ein einfaches, oft einsames, wenn nicht sogar karges Leben. Das Leben eines Außenseiters eben, vielleicht auch das eines Eigenbrötlers, der mit seiner Umgebung nicht übermäßig viel zu tun hatte. Es ist das Leben von Paul Blank, der mit 82 Jahren in einem kleinen oberschwäbischen Dorf starb und – da keine Angehörigen ausfindig zu machen waren – von Amts wegen in einem namenlosen Grab bestattet werden sollte. Das allerdings wurde dann doch verhindert, und „Paule“ – wie er von allen nur genannt wurde – erhielt ein würdiges Begräbnis unter großer Anteilnahme. Der Autor Robin Szuttor hat sich auf die Spurensuche begeben und schildert in „Paule – Nachruf auf einen Außenseiter“ unspektakulär und ohne Effekthascherei das Leben und den Abschied von Paule, dem Außenseiter. Er tut dies in einfachen Worten und in klaren Sätzen so gekonnt, dass die äußerlich unscheinbare Lebensgeschichte von Paul Blank und sein stiller Tod für den Leser lebendig werden. Mit seiner Darstellung erzeugt Szuttor eindrückliche Bilder von einem „gewöhnlichen“ Menschen und dem, was ihm im Alltag wichtig war – seine Katzen, sein Ofen, die Musik und sein Akkordeon, seine Ordnung – und schafft es damit, dass Paule auch bei denen, die ihn nicht persönlich, sondern nur über die Zeitung kennenlernten, in Erinnerung bleibt. Ein eindrucksvolles Foto, aufgenommen von dem Fotografen Andreas Reiner, vervollständigt das Bild. Bei der Beerdigung von Paule sagt der Pfarrer: „Der Mensch ist keine Nummer, sein Name ist kostbar.“ Diese kostbare Lebensgeschichte zeigen der Autor und der Fotograf auf, ohne sich selbst wichtiger zu nehmen als die Geschichte und ihren Protagonisten. Damit vermitteln sie in hervorragender publizistischer Weise eine wichtige Botschaft: Jedes Leben ist einmalig.
– Im abgelegenen Meßstetten auf der Schwäbischen Alb werden in einer ehemaligen Kaserne während des vergangenen Jahres über 3.000 Flüchtlinge untergebracht. Für einen Ort, der im Kern nur 5.000 Einwohner hat, bedeutet das eine gewaltige Herausforderung. Wie die Meßstettener Bürger damit umgehen, wie die Aufgabe die Menschen und ihre Stadt verändern, zeigt die herausragende Multimediareportage und Langzeitdokumentation „Jeder sechste ein Flüchtling. 1000 Asylsuchende als Nachbarn“ der beiden SWR-Reporterinnen Sandra Müller und Katharina Thoms. Sie ist eine beispielhafte, zeitintensive Begleitung einer sich erst entwickelnden Realität, kreativ und spannend aufbereitet in einem neuen medialen Format. Die beiden Autorinnen haben eine Fülle von Fakten und Emotionen zusammengetragen, die sie anhand von vier treffend gewählten Protagonisten „rüberbringen“, ohne dass das eine das andere überlagert. Durch einen gelungenen Mix von „schönen“ Bildern und (Zwischen)Tönen vermitteln sie Eindrücke und Atmosphäre, die der Zuschauer gut aufnehmen kann. Mit beeindruckendem journalistischem Gespür und versiertem Einsatz moderner crossmedialer Darstellungsformen bespielen Sandra Müller und Katharina Thoms ein zeitgemäßes „Bildungs- und Informationsinstrument“, mit dem sie nicht nur mit Vorurteilen aufräumen, sondern auch Zielgruppen über die klassischen Medien hinaus ansprechen.
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