Der Fahrradsattel ist kein Sofa: Eine großzügige Polsterung bringt damit nicht zwangsläufig Komfort. Worauf es wirklich ankommt und wie das Radfahren außerdem noch angenehmer werden kann, erklärt der pressedienst-fahrrad.
[pd-f/ht] Es ist erstaunlich: Während die Radrennfahrer im Fernsehen auf ihren knüppelharten Sportsätteln stundenlang über den Asphalt jagen, wird für einen selbst die Qual auf dem neuen Trekkingrad nach spätestens einer halben Stunde unerträglich. Dabei ist der extra angeschaffte „Komfortsattel“ doch so schön breit und dick gepolstert …
Sitzposition und Position der Sitzknochen
So paradox es klingen mag, führt gerade die Polsterung oft zu Druckbeschwerden. Sinken nämlich die sogenannten Sitzknochen – die unteren Enden des Beckens – zu weit in den Sattel ein, verlagert sich der Druck auf empfindlichere Gesäßpartien. Die Folge sind Schmerzen oder Durchblutungsstörungen. „Auf dem Sofa würde man nach einer Weile einfach die Sitzposition verändern. Auf dem Fahrrad ist der Spielraum wesentlich geringer“, erklärt Monica Savio vom italienischen Sattelhersteller Selle Royal. Bei Druck im vorderen Sattelbereich richte sich z. B. das Becken auf, so Savio weiter. Das passiere völlig unwillkürlich und sei häufig die Ursache für Rückenbeschwerden.
Bei seiner neuen Sattelserie „Scientia“ (79,90 Euro) setzt Selle Royal nur dosiert und sehr gezielt eine Gelpolsterung ein. Für die gemeinsam mit der Deutschen Sporthochschule Köln entwickelten Sättel wurden ausgiebige Messreihen mit etwa 1.000 Probanden durchgeführt, um zu verlässlichen Erkenntnissen über die Druckverteilung zu gelangen. Wo jeweils Druckspitzen auftreten, so das Ergebnis, hängt dabei zum einen von der Sitzposition ab – also ob man relativ aufrecht oder eher athletisch-gebeugt fährt -, zum anderen vom Abstand der Sitzknochen zueinander, der sowohl bei Männern wie auch bei Frauen individuell sehr verschieden ausfällt. Einen generellen Geschlechterunterschied fanden die Wissenschaftler übrigens nur bei ausgeprägt sportlicher Haltung, etwa auf dem Rennrad. Eine folgerichtig aus den Kriterien Sitzknochenabstand und Sitzposition abgeleitete Matrix von neun Sätteln soll, abgesehen vom reinen Sportbereich, alle Fahrer- und Fahrerinnentypen abdecken und die Sattelwahl erheblich vereinfachen.
Das Rad als Ganzes betrachten
Dass Sattel und Sitzposition in einer engen Wechselwirkung miteinander stehen, bestätigt Stefan Stiener vom Reiseradspezialisten Velotraum. Beim Ansatz seiner individuell angepassten „Baukastenräder“ geht er allerdings weit darüber hinaus. Mithilfe einer speziellen Messmaschine tasten sich die Velotraum-Berater gemeinsam mit ihren Kunden Schritt für Schritt an die geeignete Konfiguration von Rad und Komponenten heran. In der Regel wird dabei erst dann nach einem geeigneten Sattel gesucht, wenn die richtige Sitzposition gefunden ist. So kann – praktisch am lebenden Objekt – überprüft werden, wo beim jeweiligen Fahrer tatsächlich Druckspitzen entstehen. Dabei könne auch ein noch so ausgeklügelter Sattel keine Wunder vollbringen, wenn das Rad als Ganzes nicht passt, betont Stiener.
Die Sitzposition hat neben Anforderungen an die Formschlüssigkeit noch einen weiteren Effekt: Bei einem sportlichen Alltagsrad wie dem Koga „F3“ (ab 1.099 Euro) stützen Hände und Füße den Fahrer stärker als in einer sehr aufrechten Haltung wie etwa beim „Broadway“ (649 Euro), das Winora an das Konzept des klassischen Hollandrads anlehnt. Ein ähnliches Phänomen tritt bei E-Bikes auf: „Das Schöne ist ja, dass ich ganz entspannt radeln kann, wenn ich möchte. Dabei tragen mich die Beine aber nicht so wie bei einem Rennradfahrer, der mit 250 Watt Leistung in die Pedale tritt, anstatt diese Leistung aus dem Motor zu beziehen“, erklärt Anja Knaus vom E-Bike-Anbieter Flyer aus der Schweiz.
Vom Sitzpolster bis zum Netzsitz
Gewisse Vorteile gegenüber einer zusätzlichen Polsterung des Sattels bringen Hosen mit Sitzpolster mit. „Bei einem gut sitzenden Modell ist die Polsterung immer an der richtigen Stelle“, erklärt Stephanie Herrling von Vaude. Die Kombination unterschiedlich dichter Schaumstoffschichten sorge für eine optimierte Dämpfung. Außerdem reibe das Bein beim Treten nicht direkt am Sattel entlang, was zu wunden Stellen führen könne. Bei Langstreckenradlern ist Reibung oft ein größeres Problem als die Druckbelastung. Sie greifen daher gerne zu Sitzcremes wie der „Luxury Chamois Cream“ von Muc-Off (24,95 Euro/250 ml). Wichtig sei aus dem gleichen Grund, dass das Sitzpolster im Inneren keine spürbaren Nähte aufweist, so Herrling.
Was eine Polsterung praktisch nicht leisten kann, ist eine nennenswerte Dämpfung von Stößen, die – ebenfalls vor allem in der aufrechten Position – auf die Wirbelsäule durchschlagen. Vollgefederte Räder wie das E-Bike Flyer „TX“ (ab 4.299 Euro) bringen dabei neben Traktion auf unebenem Untergrund auch ein Plus an Sitzkomfort in den Alltag. Doch selbst bei Rädern ohne Federung lässt sich einiges tun, etwa durch eine gefederte Sattelstütze wie die Cane Creek „Thudbuster“ (ab 199 Euro) oder Ballonreifen wie etwa Schwalbes „Big Apple“ (z. B. 28-Zoll-Größe ab 23,90 Euro). Selle Royal hat zudem für den eingangs erwähnten Scientia eine nachgebende Sattelstrebenkonstruktion namens „Curva“ entwickelt, die insbesondere im Bereich der Sitzknochen Stöße dämpfen soll.
Dass es bei der Polsterung nicht immer um Komfort gehen muss, zeigt auf der anderen Seite ein Sportsattel wie der „Bel-Air RL“ des kalifornischen Herstellers SDG (ab 44,90 Euro). Auf der Satteldecke nur dünn gepolstert, dafür zusätzlich an den Seiten, der Sattelnase und an den Kanten, wird insbesondere beim Einsatz auf dem Mountainbike die Verletzungsgefahr reduziert und dem Fahrer ermöglicht, das Rad mit den Oberschenkeln zu kontrollieren.
Für sehr individuelle Lösungen schließlich seien aufgrund ihrer Bauform Liegeräder prädestiniert, erläutert Alexander Kraft von HP Velotechnik. Während die hessische Manufaktur bei ihren sportlichen Schalensitzen mit großflächiger Polsterung auf Komfort abziele, sorgten bei den ebenfalls angebotenen luftigen Netzsitzen Polsterkammern in Zusammenspiel mit dem Gurtsystem punktgenau für die Abstützung. „Ganz wichtig ist bei der Individualisierung, den Fahrer ergonomisch zu vermessen und dann den Sitz samt Kopfstütze perfekt anzupassen“, betont Kraft.
Der pressedienst-fahrrad hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem guten Fahrrad und dessen Anwendung mehr Öffentlichkeit zu verschaffen. Denn wir sind der Meinung, dass Radfahren nicht nur Spaß macht und fit hält, sondern noch mehr ist: Radfahren ist aktive, lustvolle Mobilität für Körper und Geist. Kurz: Radfahren ist Lebensqualität, Radfahren ist clever und Radfahren macht Lust auf mehr…
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