Der rechtliche Zwang der Neuregulierung von Versicherungsschäden

02.02.2016 | Verschiedenes

Nach der aktuellen rechtlichen Entwicklung sowohl aus der Initiative der EU, als auch durch Änderungen des deutschen Gesetzgebers, als auch durch Entscheidungen des BGH, muss neu gedacht werden.

Der rechtliche Zwang der Neuregulierung von Versicherungsschäden

Nach der aktuellen rechtlichen Entwicklung sowohl aus der Initiative der EU, als auch durch Änderungen des deutschen Gesetzgebers zu § 404 ZPO, als auch durch Entscheidungen des BGH, muss nunmehr der Bereich der Abwicklung von Versicherungsschäden überprüft, angepasst und neu geregelt werden. Nach den gesetzlichen und rechtlichen Neuerungen können eigene Mitarbeiter der Versicherungen, Mitarbeiter von eigenen Sachverständigengesellschaften oder regelmäßig von Versicherungen direkt beauftragte Sachverständige nicht mehr als unabhängige Sachverständige eingesetzt werden, ohne dass diese Sachverständigengutachten als angreifbar und damit als nicht verwertbar eingestuft werden.

Im Bereich der Schadensregulierung von Versicherungsschäden steht die Frage der Unabhängigkeit und damit die Frage der Neutralität und Weisungsfreiheit von Sachverständigen schon seit Jahren im Fokus. Auch wenn der Gesetzgeber den Begriff Sachverständige nicht definiert hat, so hat die Rechtsprechung im Rahmen des UWG hier einen entsprechenden Rahmen geschaffen. Danach hat ein Sachverständiger neben den über dem Durchschnitt liegenden Kenntnissen, besondere praktische Erfahrungen vorzuweisen sowie in persönlich geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen zu leben. Einer der wichtigsten Kriterien ist neben diesen Voraussetzungen aber die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit bei Ausübung der Tätigkeit, also die Integrität des Sachverständigen.

Die besondere Fach- und Sachkunde kann der Sachverständige durch ein entsprechendes Anerkennungsverfahren bei Kammern oder Berufsverbänden, die der staatlichen Anerkennung vergleichbar sind, nachweisen (BGH NJW 1984, 2365). Nur wenn dieses gewährleistet ist kann im Rechtsverkehr der Titel „Sachverständiger“ geführt werden. Führt er den Titel „anerkannter“ oder „geprüfter“ Sachverständiger muss er die „verleihende“ Organisation erkennen lassen (LG Gera, 17.12.2014; Az.: 26 C 486/13). Das Fehlen eines solchen Hinweises kann den Eindruck einer direkten Verleihung auf Grund staatliche Anerkennung erwecken und kann somit den Straftatbestand des § 132a StGB erfüllen.

Bezüglich der Unabhängigkeit (Neutralität wie auch Weisungsfreiheit) hat seit der Anfrage an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages (Drucksache 17/12947 vom 27.03.2013) diese Voraussetzung eine deutliche Stärkung im Sachverständigenwesen erhalten. Der Petitionsausschuss hat ausgeführt, dass Gutachter und Sachverständige die Unabhängigkeit bei Ihrer Tätigkeit als Gerichtssachverständige beweisen müssen. Nach Auffassung des Berufsstandes (Pressemitteilung des bvs Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V.) ist bereits dann schon eine Befangenheit gegeben, wenn „der Gutachter de facto bei der zuständigen Versicherung, die den Schaden regulieren soll, angestellt ist oder zumindest regelmäßige Aufträge entgegennimmt.“

Diese Auffassung des Petitionsausschusses und des Berufsstandes, dass der Sachverständige die Unabhängigkeit bestätigen muss, ist nunmehr in § 404 ZPO (Gesetzesänderung 2015) verankert. Somit haben diese Regelung nicht nur für die Gerichtssachverständigen, sondern für alle die im Sachverständigenbereich tätig sind, Bedeutung.

Diese Auffassung zur Unabhängigkeit hat sich auch schon in der Rechtsprechung des BGH zu der Ernennung der Sachverständigen im Rahmen des Sachverständigenverfahrens niedergeschlagen (BGH Urteil vom 10.12.2014 IV ZR 29´81/14). Hier hat der Bundesgerichtshof einen angestellten Mitarbeiter der Versicherung als Sachverständigen im Sachverständigenverfahren trotz vorhandener Weisungsfreiheit abgelehnt, da dieser nicht die von der Vorschrift geforderte Stellung des Sachverständigen als unabhängigen Dritten erfüllt.
Nunmehr hat der BGH unabhängig von der Frage der Unabhängigkeit von Sachverständigen in einem noch nicht veröffentlichen Urteil vom 14. Januar 2016 die Vereinbarkeit von Schadensregulierungen durch Versicherungsmakler als Interessenskonflikt gesehen und als nicht mehr zulässig erachtet (Begründung steht noch aus).

Somit muss der gesamte Schadensregulierungsbereich bei vielen Versicherungen neu strukturiert werden. Eine Schadensregulierung von Bagatellfällen durch Makler ist nicht mehr möglich. Daneben sind bei einer Sachverständigentätigkeit durch eigene Angestellte, Angestellte in eigenen Schadensregulierungsgesellschaften oder auch regelmäßig beauftragte Sachverständige, solche Gutachten im außergerichtlichen Fall angreifbar und damit wertlos. Im Gerichtsverfahren ist eine Beauftragung nicht mehr möglich. Was nach unserer Auffassung auch für das Sachverständigenverfahren gilt. Dieses wird dadurch verstärkt, dass die EU in einer geplanten Regelung den Begriff des Sachverständigen definiert und neben der Unabhängigkeit eine nachweisbare Qualifikation und permanente Fortbildung voraussichtlich fordern wird.

Der BVSV hat mit seinem BVSV- 3 Stufenmodell zur Schadensregulierung diese Entwicklung bereits im Vorfeld erkannt und dieses bei der Umsetzung von entsprechenden Maßnahmen berücksichtigt. So wurde im vorliegenden BVSV-Modell, der Schadenregulierungsbereich über eine zentrale Gutachtenstelle von dem Sachverständigenbereich getrennt, wodurch bei der Schadensabwicklung die Unabhängigkeit des Sachverständigen gewährleitstet wird. Deshalb können die BVSV-Sachverständigen neben dem Gutachten sowohl im Sachverständigenverfahren als auch als Parteigutachter in einem Zivilverfahren auftreten, was zu einer Kostenreduzierung und zu einer Effizienz der Schadensabwicklung führt.

Nicht zuletzt hat der BVSV die Rahmenbedingungen für die Ausbildung zum Sachverständigen und Schadensregulierer im Versicherungswesen entwickelt und festgelegt. Es wurden und werden entsprechende Standards zur Sachverständigentätigkeit und Schadensregulierung geschaffen, die ein einheitliches Vorgehen ermöglichen. Ebenfalls sind alle BVSV-Sachverständigen und BVSV-Schadensregulierer gemäß Satzung des BVSV e.V. verpflichtet eine permanente Fortbildung in ihrem Fachbereich durchzuführen. Dieses ist dem BVSV e.V. nachzuweisen. Dadurch werden bei der Schadensregulierung die zukünftig zu erwartenden Regelungen berücksichtigt und bereits heute in die Praxis umgesetzt.

Aus unserer Sicht ist eine konzertierte Vorgehensweise, gern unter Organisation und Federführung des BVSV e.V., notwendig, um hier im Vorfeld einer aufoktroyierten Regelung eigene Standards zu schaffen und im Markt zu etablieren. Diese Standards liegen von unserer Seite bereits in großen Teilen vor und können mit einem überschaubaren Aufwand auf andere Sachverständigenbereiche ausgeweitet und adaptiert werden.

Ein zeitnah zu organisierender Arbeitskreis „Standards der Sachverständigen – und Schadenreguliererarbeit in Deutschland“ ist das erklärte Ziel des BVSV e.V. Wir sind bereit, mit allen Kollegen der verschiedenen Verbände im Sachverständigenbereich diese Arbeit umzusetzen und freuen uns auf eine entsprechende Kontaktaufnahme.

Der BVSV Bundesverband der Sachverständigen für das Versicherungswesen e.V. ist gegründet worden, um ein einheitliches Berufsbild eines Sachverständigen für das Versicherungswesen zu entwickeln. In einem entsprechenden Ausbildungsgang werden den Sachverständigen die besonderen fachlichen Kenntnisse vermittelt um damit den Ansprüchen der öffentlichen Bestellung zu entsprechen.

Kontakt
BVSV e.V.
Michael Wendel
Königsberger Straße 7
27232 Sulingen
01775579404
04271 95 61 40
m.wendel@bvsv-ev.de
http://www.bvsv-ev.de

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